Kurzbericht zu den Beiträgen von Anna Tretter / U We Claus – FIU Amorbach/Amsterdam und
Babeth Mondini VanLoo – FIU Amsterdam zum Treffen des Internationalen Künstler Gremium (IKG)
auf dem Territorium der République Géniale / Kunstmuseum Bern vom 11. – 14. Oktober 2018
Mit IKG Präsidentin Anna Tretter bereits am Dienstag Abend, den 9. Oktober von der wunderbaren Ausstellung des japanischen Malers Nagasawa Rosetsu im Züricher Rietberg Museum kommend auf dem Territorium der République Géniale in Bern eingetroffen. Valerian Maly empfängt uns mit Arnold Dreyblatt im Hof des Kunstmuseums. Später am Abend treffen wir in einer Trattoria noch Klara Schilliger und aus Amsterdam eat art Künstler Fredie Beckmans sowie film art Künstlerin Babeth Mondini VanLoo, die gemeinsam mit mir im board of directors der FREE INTERNATIONAL UNIVERSITY Amsterdam wirkt. Am Mittwoch, den 10. Oktober beginnt Anna mit mir im Poïpoïdrom der République Géniale im Berner Kunstmuseum den Aufbau unserer Präsentation. Ausgebreitet in vier Vitrinen sind einerseits von IKG Mitbegründer Klaus Staeck zur Verfügung gestellte Dokumente aus den Anfangsjahren des Internationalen Künstler Gremiums – schwerpunktmäßig eine Auswahl zu den beiden IKG Treffen 1978 in Basel – sowie Dokumente, Publikationen, Künstlerbücher und Stempel aus dem Archiv der FIU Amorbach und überwiegend aus meinem eigenen Archiv zur Arbeit und Forschung der FREE INTERNATIONAL UNIVERSITY, insbesondere damit in Zusammenhang stehende Werke von Robert Filliou als auch einem mit diesen Ideen verwobenen Netzwerk internationaler Künstler-Kooperationen. Erwähnt seien hierunter neben der Erstausgabe von Fillious LEHREN UND LERNEN ALS AUFFUEHRUNGSKUENSTE aus dem Jahre 1970, Beiträge vom 3. Ch’an (Zen)-Patriarch Seng T’san, von George Brecht, Dick Higgins, Louwrien Wijers, Joseph Beuys, Nam June Paik, Waldo Bien, Thilo Götze Regenbogen, Heinrich Böll, um nur einige wenige zu nennen. Die Wände des Poïpoïdrom werden von der diesjährigen IKG Gastkünstlerin Babeth bespielt mit Tierfrau – ihren schwarz-weiß Großphotographien zu Beuys‘ La rivoluzione siamo Noi – sowie auf zwei übereinander arrangierten Monitoren ihren beiden im Jahre 1980 entstandenen Farbfilmen Joseph Beuys At The Venice Biennale: Das Kapital und dem in Rotterdam gedrehten Film The Invisible Sculpture. Gleichfalls als diesjähriger Gastkünstler des IKG kann ich selbst, gemeinsam mit Anna und Babeth einen Reigen von Dokumenten und Originalwerken für das Poïpoïdrom der République Géniale arrangieren, darunter die beiden italienisch und englischsprachigen Fassungen des im Jahre 2015 von mir zusammengestellten 16-stündigen Programms FIU AMSTERDAM: EVERBODY IS RESPONSIBLE FOR WORLD PEACE zu dem von Lucrezia De Domizio Durini (FIU) in Bolognano, Italien veranstalteten Fifth Free International Forum; Joseph Beuys‘ dystopisch anmutende, letztlich aber höchst realistische Vision zu the authority, or the genius, or the intelligence of the tree… und sein FIU-Statement FILZ WIRD MIT FILZ GEHEILT; Waldo Biens Studienblätter zu Transformationen des ‚Schwalben-Stempels‘ der FIU; ein Heft zur FIUWAC, der FREE INTERNATIONAL UNIVERSITY WORLD ART COLLECTION mit einer Einführung von Walter Hopps; meine beiden kleine Leinwandbilder: FIU Amorbach 10. Dez. 2010 von 2016 sowie für den jetzigen Anlass Joseph Beuys Radio für Robert Filliou 1963 / République Géniale On Air – Broadcasting for Art’s Birthday – Freitag, 12. Oktober 2018; Anna Tretters Studienblätter zur Inschrift des von Takako Saito kalligraphierten 52. Epigramms aus dem Hsin-Hsin-Ming – Herz – Glaubensmeissel von Seng T’san – eingemeißelt und versilbert im polierten, schwarz-granitenen Steintisch des Sommer · Berger · Garten im Odenwälder Amorbach; nebst weiterer vermischter Aufzeichnungen zu Robert Filliou. Das von zahlreichen KünstlerInnen verfertigte ‚Tischtuch‘ LA FETE POUR ROBERT FILLIOU von 1989 zusammen mit einem weißen, aufgefalteten und noch zu bestempelnden Tuch, welches später zahlreiche von IKG KünstlerInnen geschnittene Kartoffeldrucke wie auch von Gereon Inger, Robert Filliou (mittig) Prinzip der Gleichwertigkeit Andauernder Schöpfung Gut gemacht___ Schlecht gemacht___ nicht gemacht___ und von mir gestaltete Stempel tragen wird. Die Transkription dieses Stempeltuchs wird von Anna anschließend verfasst und ist als Anhang angefügt. Zwei Videoprojektionen im hinteren Teil des Poïpoïdrom führen in das grün flimmernde Waldlicht des Sommer · Berger · Garten · Im Heiligen eines zum UNESCO Geonaturpark erklärten Landschaftskunstwerkes: die rhythmisch erwanderte split screen Projektion sundaymorning von Anna Tretter und ein 2010 nach einer Idee von mir gemeinsam mit Anna und mit Burkhard Rosskothen als Edition der FIU Amorbach produzierter Film PEACEBETOTHEMOAKS; unsere Projektionen werden am Samstag Abend dann abgelöst von The Kingdoms of Elgaland – Vargaland. Ein weiteres, von uns arrangiertes Werk ist die FIU Box, eine auf hölzernen Atelierböcken ruhende, aufgeklappte Holzkiste. Sie wird flankiert vom aufgesockelten, zarten Sämling einer Ungnádia speciósa Endl., einer prachtvoll blühenden Baumart aus dem prekären Grenzgebiet von Mexiko mit New Mexico und Texas, die als Botschafterin des Pflanzenreiches hier in der République Géniale in Bern auftritt – sowie einem geöffneten Paket mit Freiexemplaren meiner Schrift Der Baum, der Stein. In der FIU Box sind vor einem zentral an die innere Rückwand angehefteten Zeitungsausriss eines Liu Xiaobo Portraits, weiter Bücher mit FIU Arbeiten zu Ansicht ausgelegt, darunter auch Babeths reich illustrierte biographische Monographie From Beuys to Buddhism / Art = Life = Art aus dem Jahre 2016 mit Texten von Matthieu Ricard, Antje von Graevenitz, Dorothea Franck, Lene Gravesen, Meredith Monk und Christina Svane. Für Freitag, den 12. Oktober wird der FIU Box noch ein Laptop hinzugefügt, von dem für République Géniale On Air – Broadcasting for Art’s Birthday eine ‚do it yourself‘ Klangcollage ausgestrahlt, der FIU Amorbach-Mix 12. Oktober 2018. Ein aus drei [YouTube] Strängen geflochtener Stimmen-sampling-Zopf mit Robert Filliou, seiner 1977 von Ondine Fiore im New Wilderness Studio in New York aufgezeichneten Lesung der Whispered History of Art, das in gedruckter Form bereits 1970 in seinem Multibuch LEHREN UND LERNEN ALS AUFFUEHRUNGSKUENSTE vom Verlag Gebrüder König in Köln publiziert wurde – dem Joseph Beuys Stück ja ja ja ja ja – nee nee nee nee nee, mit den Stimmen von Joseph Beuys, Henning Christiansen und Johannes Stüttgen, aufgezeichnet am 14. Dezember 1968 in der Kunstakademie Düsseldorf – sowie dem soundtrack aus William S. Burroughs / Antony Balchs Film The Cut Ups von 1966 mit den Stimmen von William S. Burroughs und Brion Gysin. Und als Babeths Beitrag zur République Géniale On Air, die von dem im April diesen Jahres verstorbenem Saxophonisten Charles Neville eingespielten serpentine style Hornlinien des soundtrack zur Babeths Film Joseph Beuys At The Venice Biennale: Das Kapital. From all of us a happy 1’000’056. birthday to you ART!
Dieser Freitag, der 12. Oktober 2018 wird uns dann auch in Erinnerung bleiben als Todestag von Takehisa Kosugi. Ihm zu Ehren führt Valerian Maly im Poïpoïdrom der République Géniale am Nachmittag des 13. Oktober, Kosugis Fluxus-Stück MICRO I von 1961 auf, in dem er ein sehr großes Stück transparenten Zellophanpapiers zu einem Bündel fest um ein aufgedrehtes Mikrophon wickelt und es sich dann von allein entspannen läßt. Die großen Lautsprecherboxen der Beschallungsanlage senden das von feinsten Obertönen begleitete explosive Knistern und Knallen durchs Berner Kunstmuseum. Kongenial verfilmt Babeth für FILM ART Amsterdam diesen bewegenden audiovisuellen Event, der uns die spirituelle Präsenz des japanischen Komponisten über seinen Tod hinaus sinnlich spürbar werden läßt.
Valerian führt uns, die IKG Künstler und Gäste, am Donnerstag Abend, den 11. Oktober in das dem Kunstmuseum gegenüber liegende riesige PROGR Zentrum für Kulturproduktion Bern, eine Stätte auch seines Wirkens. Auf einem der weitläufigen Gänge dieses ehemaligen Gründerzeit-Gymnasium-Gebäudes treffen wir einen jungen tibetischen Thangka-Maler vertieft in seine Arbeit. Das noch unvollendete Bildnis einer buddhistischen Göttin, des friedvollen weiblichen Buddha und Bodhisattva ‚Dröljang‘ – deutsch ‚Grüne Befreierin‘ oder bekannter als ‚Grüne Tara‘, hängt über seinem Exil-Arbeitsplatz. Ich lade ihn ein zu unserer für den kommenden Morgen geplanten Morgenmeditation am Aare-Fluss.
Auf einem kleinen, ebenen Platz vor einer mit silbern und goldenem Graffiti überzogenen Steinmauer am Ufer der in gletschereisgrün schimmernd, ruhig dahinströmenden Aare findet auch er sich gemeinsam mit einer Gruppe von IKG KünstlerInnen und Gästen dann kurz nach Sonnenaufgang ein. Erinnernd an den von Robert Filliou vorgetragenen und auch praktizierten Ansatz zu einer Integration des buddhistischen Dharma in seine Arbeit als Künstler – ist die KUNST doch nicht nur für Filliou, vor allem eine spirituelle Sache – rezitiere ich nach einem Terma (Schatztext) von Tjokgyur Lingpa auf Tibetisch, akzentuiert von einer Handglocke und dem flussabwärts ziehenden Rauch eines Räucherwerk-Bündels Das Mandalaritual der Grünen Tara / Die Essenz der zwei Ansammlungen, um vorab einen glücklichen Verlauf dieses Treffens des Internationalen Künstler Gremiums zu erbitten und das Territorium der République Géniale mit Taras kraftvoller Energie zu impulsieren. Gewissermaßen als Ausklang meditieren dann am frühen Sonntag Morgen am Ufer der Aare einige noch verbliebene KünstlerInnen versunken in Schweigen über Robert Fillious Absolutes Geheimnis der Andauernden Schöpfung: Verlange nichts, entscheide nichts, wähle nichts, sei dir deiner Selbst bewusst, bleibe wach, still sitzend, tue nichts – bis das ’nüüni-lüte‘ joyceanesque von den Berner Glockentürmen tönt.
Am Samstag Nachmittag gibt Babeth einen Einblick in die Arbeit der FIU Amsterdam, insbesondere zur Free International University World Art Collection – FIUWAC [http://www.fiuamsterdam.com/html/fiuwac.html]. Später führt sie für die, auf der Hodlerstraße versammelten IKG Künstler, an jenen siebzehn übermannshoch installierten R É P U B L I Q U E G É N I A L E Plakaten vor dem Kunstmuseum ihre Aktion/ Intervention me too / I am not a victim / RÉPUBLIQUE GÉNITALE auf.
Der einladende Botanische Garten der Universität Bern am dem Kunstmuseum gegenüberliegenden Uferhang der Aare wird an drei sonnigen Oktobertagen unseres Aufenthalts in dieser Stadt zum Ort für Pausen und Inspiration.
Zum Brunch am Sonntag Vormittag serviert Fredie Beckmans den abreisenden IKG Künstlern und Gästen einen kräftig duftenden Lindenblüten-Olivenblätter-Tee, den ich im Juni in der 1984 von Joseph Beuys angelegten Piantagione Paradise in Bolognano geerntet, getrocknet und kleingeschnitten hatte.
Transkription Berner Stempeltuch / Anna Tretter